Leuven, eine Stadt in Belgien, ist nicht nur die Bierhauptstadt des Landes und die Heimat der bekannten Brauerei Stella Artois, sondern auch eine sehr nachhaltige Stadt mit einer wunderschönen Altstadt, einer UNESCO-geschützten Bibliothek, vielen Studierenden und einer entspannten, coolen Atmosphäre. Und bis 2050 will Leuven völlig klimaneutral sein. Erfahren Sie hier mehr über die Smart City Strategie dieser Stadt!
Im Gespräch mit Thomas Van Oppens, dem stellvertretenden Bürgermeister von Leuven, wird deutlich, warum Leuven so besonders ist: „Als Stadtregierung sind wir uns unserer Grenzen bewusst. Deshalb pflegen wir ein breites Netzwerk mit unserer Universität, Unternehmen, Bürger*innen und vielen anderen Organisationen. Wir sind wirklich eine vernetzte Stadt. Dabei arbeiten wir nicht unbedingt härter als andere Städte, aber durch unser Netzwerk können wir viele großartige Dinge erreichen.“ Ein Teil dieses Netzwerks ist die Initiative Leuven 2030, die von der Stadt und von Hochschuleinrichtungen, Privatunternehmen und Bürger*innen geleitet wird. „Wir beteiligen uns an allem und gemeinsam mit allen an dem, was wir tun“, erklärt Thomas. „Denn wir wissen, dass wir es nicht allein schaffen können.“
Er nennt mehrere Projekte aus Leuven im Bereich der Smart City, bei denen es immer um Umwelt und Nachhaltigkeit geht. Das Projekt WeCount beispielsweise stellt den Bürger*innen der Stadt Kameras mit Künstlicher Intelligenz zur Verfügung, die in Fenstern angebracht werden und dabei helfen, den Verkehr zu messen. Diese Daten haben der Stadt bereits bei der Erstellung eines intelligenten Modells geholfen. Dieses Modell unterstützt Entscheidungen wie die Umwandlung von Straßen in Einbahnstraßen, die Sperrung für den Autoverkehr oder die Ausweisung bestimmter Straßen als Fußgängerzonen. „Wir haben die Ergebnisse allen Einwohner*innen und allen Stadtvierteln gezeigt. Wir treffen diese Entscheidungen immer gemeinsam“, so Thomas.
Ein weiteres innovatives Projekt in Leuven ist Leuven Cool, bei dem die Stadt und die Universität zusammenarbeiten, um überall in der Stadt Wetterstationen aufzustellen und so das Mikroklima und den städtischen Hitzeinseleffekt zu messen. Auf diese Weise konnte die Stadtverwaltung feststellen, wo es im Stadtzentrum am wärmsten ist und wo in den Stadtvierteln Prioritäten gesetzt werden sollten, etwa durch das Pflanzen von Bäumen oder die Entsiegelung von Betonflächen.
Thomas erwähnt auch die Maßnahmen, die die Stadt im Bereich Lärm ergreift. „Wir erhalten viele Lärmbeschwerden, weil Leuven eine Studentenstadt ist und es nachts viel Lärm gibt“. Gemeinsam mit der Universität setzte die Stadtverwaltung intelligente Mikrofone ein, um den nächtlichen Lärm zu messen, verschiedene Geräuschquellen zu identifizieren und festzustellen, woher sie kommen. Daraus ergab sich eine Strategie zur Steuerung der Straßenbeleuchtung in den lautesten Straßen. Immer wenn Lärm erkannt wurde, wurde die Beleuchtung gedimmt, da Menschen tendenziell ruhiger sind, wenn die Beleuchtung weniger hell ist. Durch die Projektion von Wörtern wie „stiltezone“ (Ruhezone) auf die Straße wurde eine weitere Lärmminderung erreicht. In den Gebieten, in denen dieses System eingesetzt wird, ist der nächtliche Lärm bereits um 30 % zurückgegangen. Statt mit Bußgeldern ging dies auf Basis von Daten und gezielten Hinweisen.
Leuven hat sich verpflichtet, bis 2050 vollständig klimaneutral zu sein. Mit ehrgeizigen Zielen für 2030 will die belgische Stadt dies in die Tat umsetzen. Ihre Strategie umfasst Maßnahmen in Bereichen wie der Renovierung alter und neuer Gebäude, einem nachhaltigeren Konsum und einer umweltfreundlichen Mobilität. Es gibt bereits viele vegetarische und vegane Optionen in Restaurants in Leuven. Zudem bevorzugt die Gastronomie der Stadt in der Regel lokale Organisationen und Unternehmen gegenüber großen Anbietern. Dutzende von Grünflächen und zahlreiche denkmalgeschützte Gebäude mit wiederverwendeten Materialien und nachhaltigen Eingriffen prägen das Stadtbild. Selbst die Straßenkunst in Leuven wird immer nachhaltiger, zum Beispiel durch luftreinigende Farbe, eine Wand aus recyceltem Plastik und einen vertikalen Garten aus PET-Flaschen. Im Jahr 2018 erhielt die belgische Stadt die Auszeichnung „European Green Leaf“ als Belohnung für ihre Bemühungen um Nachhaltigkeit und Lebensqualität.
Die gemeinnützige Organisation Leuven 2030 arbeitet an intelligenten Initiativen für die Stadt, die dazu beitragen werden, das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen. Durch die Zusammenarbeit mit der Universität und Start-ups können Smart-City-Projekte leicht erprobt werden. Im Rahmen der EU-Mission für klimaneutrale und intelligente Städte ist die Stadt nun verpflichtet, mutige Maßnahmen zu ergreifen. Im Jahr 2019 hat die Gruppe Leuven 2030 einen wichtigen Meilenstein erreicht, indem sie einen Fahrplan zur Klimaneutralität mit zehn thematischen Programmen und drei Querschnittsprogrammen erstellt hat. Jetzt will Leuven seine Anstrengungen ausweiten und beschleunigen und feste Verpflichtungen zum Klimastadtvertrag beitragen.
„Wir wollen der Klimaneutralität bis 2030 so nahe wie möglich kommen. Dies tun wir, indem wir als Stadt Maßnahmen ergreifen, aber auch, indem wir Klimaverträge mit unseren Partnern abschließen“, erklärt Thomas. Er sagt, dass die Umsetzung des Klimavertrags der Stadt teuer ist, aber dass die Stadt diese Maßnahmen in einen Vorteil verwandeln will. „Es gibt immer eine Rendite für Dinge wie das Dämmen eines Hauses. Wie können wir das vermarkten und zugleich Geld in unsere Stadt bringen? Wir möchten, dass die Menschen in die Stadt Leuven investieren, anstatt ein Auto oder Shell-Aktien zu kaufen.“ Indem sie die mögliche Rendite derartiger Investition aufzeigt, sucht die Stadt nach den richtigen Anreizen für Klimaschutzinvestitionen.
In den nächsten fünf Jahren wird sich Leuven auf intelligente Mobilität für Fußgänger*innen und Radfahrer*innen sowie auf den öffentlichen Raum konzentrieren. Mithilfe intelligenter Technologien soll die Anzahl der privaten Parkplätze reduziert werden, um mehr öffentliche Räume zu schaffen. Einige dieser öffentlichen Flächen werden auch für das Cargobike-Sharing zur Verfügung stehen. Die Stadt hat sich ausdrücklich gegen Free-Floating-Sharing-Systeme für Motorroller und Fahrräder entschieden und stattdessen spezielle Flächen für Shared Mobility zur Verfügung gestellt, um ein optimales Angebot zu gewährleisten.
Auf die Frage, was andere Städte von Leuven lernen könnten, sagt Thomas, dass man mit Partnern zusammenarbeiten sollte. „Versuchen Sie nicht, alles selbst zu machen.“ Er empfiehlt auch eine gezielte Datenerfassung, anstatt sich nur auf Big Data zu konzentrieren. „Man braucht einen Endnutzer, der projektbezogene Daten zur Lösung eines Problems wünscht. Nur das wird zu einer Veränderung der Politik auf lokaler Ebene führen.“ Denn viele Smart-City-Funktionen wie Sensoren, Projektdaten und KI-Anwendungen funktionieren lokal. Wenn es um Mobilitätsfragen wie Einbahnstraßen oder Fahrradzonen geht, empfiehlt Thomas, Daten zu nutzen, um verschiedene Varianten zu testen und die besten Ergebnisse zu sehen, die dann in die politische Diskussion einfließen können. „Die Wissenschaft wird uns immer Antworten darauf geben, was wir tun müssen, um Probleme zu lösen. Aber wir müssen uns darüber im Klaren sein, was wir lösen wollen, und die richtigen Fragen stellen."
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