Das Konzept „Mobility as a Service“, oder besser bekannt in seiner Kurzform MaaS, beflügelt weiterhin die Fantasien zahlreicher Innovatoren und Visionäre der öffentlichen Verkehrsbranche. Aus dem ehemals, spannenden Konzept, entwickelte sich innerhalb eines Jahrzehnts visionäre Wirklichkeit in Pilotprojekten und ersten Angeboten, wie das Car-, Bike- und Scooter-Sharing.
„Der Verkehrssektor ist in seiner Geschichte größtenteils unverändert geblieben. Gekennzeichnet durch langsame, stufenweise Innovationen“, schreiben Maria Kamargianni und Melinda Matyas vom MaaSlab am University College London. Doch die Fortschritte bei Smartphones, drahtlosen Netzwerken und sozialen Medien haben zur Entwicklung neuer Möglichkeiten für Mobilitätsdienste geführt, die eine effizientere Nutzung von Fahrzeugen und die Optimierung des Verkehrsnetzes im öffentlichen Raum ermöglichen.
Obwohl MaaS neben der Akzeptanzbarriere einiger Kritiker auch mit einzelnen Umsetzungsschwierigkeiten zu kämpfen hat, sehen Marktforscher ein hohes Wachstumspotenzial im individuellen Mobilitätsdienst. Laut Prognosen werden für den MaaS-Markt jährliche durchschnittliche Wachstumraten (CAGR) in Höhe von 32% bis 37% in den nächsten fünf Jahren und bis 2024 eine globalen Marktgröße von 158 Mrd. bis 174 Mrd. $ erwartet.
Unter Mobility as a Service versteht man die Bereitstellung von Mobilität auf Zeit. Es umfasst die Integration mehrerer Verkehrsmittel in einen einzigen Mobilitätsdienst, der auf Abruf für den Nutzer zugänglich ist. Der Nutzer ist durch MaaS-Produkte damit nicht mehr an den Besitz eines eignen Verkehrsmittels gebunden und kann über die im jeweiligen MaaS-Angebot integrierten Verkehrsmittel verfügen. Von diesem Umstand profitieren nicht nur Privatpersonen, sondern auch Kommunen und Länder. Denn neben der Erzeugung von Energie und der Industrie, zählt der Verkehr zu den größten CO2 Produzenten. Laut Umweltbundesamt produziert dieser 165 Millionen Tonnen jährlich. Den Hauptanteil stellt hier insbesondere der motorisierte Individualverkehr (MIV) durch private PKWs, Motorräder und Co.
Für den einzelnen Nutzer bietet MaaS einen Mehrwert durch den Einsatz einer einzigen Anwendung , mit einem einzigen Zahlungskanal, anstelle von mehreren Ticketing- und Zahlungsvorgängen.
Um den Kundenwünschen gerecht zu werden, ermöglichen MaaS-Anbieter ein vielseitiges Beförderungsangebot, einschließlich öffentlicher Verkehrsmittel, Taxi, Mietwagen und Sharing-Möglichkeiten (z.B. Mitfahrgelegenheiten, Car-Sharing, Bike-Sharing und E-Scooter).
Die Befürworter von MaaS sind überzeugt, dass dieses Mobilitätsmodell den Kunden und Smart Cities erhebliche Vorteile bieten wird:
Eine der größten Chancen für MaaS-Innovatoren besteht darin, ein essentielles Problem für Städtereisen zu lösen. Besonders für Pendler, die kein Privatfahrzeug besitzen, oder ihre Abhängigkeit vom eigenen Fahrzeug verringern wollen, bietet MaaS eine einfache Lösung für das "Problem der letzten Meile" und komplexen End-to-End-Fahrtenplanungen.
Viele Reisende stehen immer noch vor der Herausforderung, wie sie von ihrem Haus zum Abfahrtsort der öffentlichen Verkehrsmittel gelangen oder von der Haltestelle bis zum individuellen Zielort . Infolgedessen sind diese Pendler oft auf ein Privatfahrzeug, oder umständliche und zeitaufwändige Alternativen angewiesen.
IoMob bietet eine MaaS-Lösung für die Transport- und Mobilitätsbranche, wie Bahn- und Busunternehmen, Fluggesellschaften und Flughäfen, Automobilhersteller, Autoclubs, Mobilitätsneugründungen und andere öffentliche Verkehrsbetriebe. IoMob ist ein zukünftiger Mobilitätsmarktplatz, auf dem Reisende mit jeder kompatiblen App Mobilitätsdienste in einer Stadt und überall auf der Welt finden und buchen können. |
Barcelona, Spanien |
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Der e-floater bietet seinen Benutzern eine Plattform, auf der sie sich registrieren um mit dem nächst gelegenen E-Floater leicht und schnell zu ihrem Ziel zu gelangen. Der e-floater schafft es auf 25 km/h. Eine Akkuladung hält ebenfalls 25 km. Ein Operator sorgt für den nötigen Nachschub, indem er die Akkus der e-floater austauscht und den Kunden somit immer ein fahrtüchtiges Fahrzeug bereit stellt. In Zukunft plant der Hersteller, dass die drei-rädrigen Roller autonom zur nächsten Ladestation fahren. Der e-floater hat eine deutsche Straßenzulassung und kann individuell für jedes Unternehmen gebrandet werden. |
Hamburg, Deutschland |
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Citymapper is eine mehrfach preisgekrönte App für die individuelle Mobilität seiner Nutzer. Citymapper ist bereits in 39 Städten erfolgreich implementiert worden und hilft Passagieren bei der Planung Ihrer Reise mit allen zur Verfügung stehenden Transportmöglichkeiten. |
U.a. Berlin, Hamburg, Düsseldorf, Deutschland |
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Shared Mobility Platform, mit der Autohäuser, Energieversorger und Immobilienunternehmen ihren Kundenstamm mit einer vollständig digitalen Mobilitätslösung bedienen können. Über das Smartphone haben die Nutzer von MOQO Zugriff auf Autos, Fahrräder, Motorroller und autonome Busse. |
U.a. Deutschland, Österreich, Niederlande |
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Als einer der größten und etabliertesten Car-Sharing-Anbieter in Singapur, bietet der Car Club seinen Nutzern einen bequemen und erschwinglichen Zugang zu einer vielfältigen Flotte hochwertiger Fahrzeuge. Der Nutzer bucht einfach ein Auto über die Online-Plattform oder mobile App und holt das entsprechende Fahrzeug in der Nähe seines Zuhauses oder Arbeitsplatzes ab. |
Singapur |
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Mit der TripGo-Mobilitätsplattform können Nutzer per App Ihre individuelle Reiseroute erstellen. SkedGo bietet einen von Tür zu Tür Service, mit öffentlichen, privaten oder gewerblichen Verkehrsmitteln an. Buchungen und Zahlungen können ebenfalls schnell und bequem per App durchgeführt werden. |
U.a. Australien, Vietnam, Argentinien, Finnland, Deutschland, USA |
Andere Anbieter von MaaS-Lösungen sind: On-Demand Ridepooling Platform by VIA, Travel West Journey Planner, NaviGoGo, TimesUpp, BEAMRZ, Bestmile, Parking Plus, Lyft, Masabi, Mobilleo, Moovel/Reach Now, Moovit, Uber, Ubigo, Yandex Taxi, MaaS Global, Beeline, Shotl, TimesUpp, BlaBlaCar, Easy Taxi and myCicero
Es ist anzunehmen, dass viele Fahrgastentscheidungen für eine MaaS-Lösung davon abhängen werden, ob diese über eine On-Demand-Funktion verfügt, da diese mit dem Komfort eines privaten Fahrzeugs vergleichbar ist. MaaS-Enthusiasten sind überzeugt, dass die Verbindung von Ride-Hailing (MOIA, Uber, usw.), Car-Sharing (ShareNow, Flinkster, usw.), Mikromobilität (E-Scooter, Segways, usw.) und öffentlichem Nahverkehr einen Weg zu einem neuen städtischen Umfeld bietet, das Menschen aus Privatfahrzeugen herausholt und die Anzahl der Fahrzeuge auf der Straße verringert.
Das Ergebnis sollte eine Verringerung der Verkehrsbelastung und schädlicher Emissionen, sowie eine Verbesserung der Verkehrssicherheit sein.
Leider deuten die Ergebnisse verschiedener Umfragen darauf hin, dass ein hoher Prozentsatz der Menschen und Familien es vorziehen, weiterhin Eigentümer und Nutzer von Privatfahrzeugen zu sein. Laut CityLab zeigt die Umfrage der American Community Trends beim Fahrzeugbesitz in US-Städten auf, dass „der Besitz von Privatfahrzeugen in Städten, in denen Anbieter wie Uber und Lyft am stärksten genutzt werden, zugenommen hat“. In fünf von acht beobachteten US-Städten (Boston, Los Angeles, New York, Philadelphia und Chicago) „übertraf die Wachstumsrate der Fahrzeuge das Bevölkerungswachstum deutlich.“ Für viele Amerikaner scheinen die vermeintlichen Vorteile des privaten Autos die angenommenen Vorteile von Alternativen wie dem öffentlichem Verkehr, Ride-Hailing und anderen App-basierten Mobilitätsdiensten noch zu überwiegen.
In Europa führte ORB International in zehn Städten eine Umfrage zur Einstellung zum Pkw-Besitz durch. Die Befragung ergab, dass „fast zwei von drei Befragten in Betracht ziehen würden, ein Auto für eine Kombination aus öffentlichem Verkehr und App-basierten Auto-Services abzugeben.“
Die Zahlen ergaben aber auch, dass der Autobesitz in europäischen Städten hoch ist: „63% der Stadtbewohner besitzen noch immer ein eigenes Auto, weitere 4% leasen einen Firmenwagen“ [...] und „42% der Autobesitzer sagen, dass es in ihrem Haushalt zwei oder mehr Autos gibt.“
Wie ein Working Paper der Nijmegen School of Management an der Radboud University dargelegt, müssen MaaS-Unternehmer, -Betreiber und andere Interessenvertreter, mehrere Risikofaktoren und Komplexitäten bewältigen, bevor sie ein Wachstum des Konzepts erreichen. Dazu gehört unter anderem die Bereitschaft der Verkehrsdienstleister zur Zusammenarbeit mit Plattformbetreibern,
die Umsetzbarkeit von MaaS-Geschäftsmodellen, den vereinfachten Zugang zu Mobilitätsdiensten, wie auch universelle Herausforderungen beim Ticketing und in Datenschutzbelangen.
Ein Artikel in der CityLab präsentiert das Konzept der Little Vehicles (LVs), zu denen Fahrräder, E-Bikes, E-Scooter, Velomobile, motorisierte Skateboards, Hoverboards und andere kleine, batteriebetriebene Fahrzeuge gehören. Ausgehend von aktuellen Daten wird erwartet, dass MaaS-Betreiber mehr LVs in MaaS-Dienstleistungspakete einbeziehen. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass LVs die Bedürfnisse von Menschen erfüllen werden, die sie aus Sicherheits-, Komfort- oder körperlichen Gründen nicht nutzen können. Man denke an Eltern mit Kleinkindern, ältere Fahrgäste, Bürger mit Handicap und diejenigen, die schwere oder sperrige Gegenstände auf Stadtfahrten transportieren müssen.
Damit MaaS-Konzepte ein breites Spektrum von Bürgerschichten ansprechen und integrative Mobilitätslösungen anbieten kann, muss das Angebot gegebenenfalls autonome Fahrzeuge umfassen, die insbesondere für Kurzstrecken On-Demand-Mobilität bieten.
Ein erfolgreiches Wachstum und die Nachhaltigkeit des MaaS-Marktes erfordern die Zusammenarbeit zwischen seinen wichtigsten Interessengruppen. Zu diesen gehören Hersteller und Großhändler von Fahrzeugflotten, Verkehrsdienstleister (öffentliche und private Betreiber), Softwareentwickler und Infrastrukturmanager (um die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen im MaaS-Ökosystem zu erleichtern).
„Die Einführung eines MaaS-basierten Verkehrssystems hängt davon ab, ob eine Stadt verschiedene Merkmale aufweist“, schreiben Maria Kamargianni und Richard Goulding von MaaSlab Energy Institute am University College London. In einer aktuellen Studie entwickelten sie den MaaS Maturity Index, der „die Bereitschaft einer Stadt zur MaaS-Implementierung anhand von Merkmalen in fünf Dimensionen misst":
Zu den weiteren Erfolgsfaktoren gehören:
Bei einer kürzlich abgehaltenen SmartCitiesWorld-Roundtable-Veranstaltung zum Thema MaaS betonten die Teilnehmer aus Städten, Regionen und der Verkehrsindustrie, dass sie „immer noch interessiert, aber vorsichtig sind. Viele äußerten, dass sie ein gewisses Maß an Kontrolle im MaaS-Ökosystem beibehalten wollen – insbesondere in Bereichen wie Datenaustausch und Eigentumsverhältnissen (wie z.B. der Datenrückgewinnung von den Anbietern zur Unterstützung der Mobilitätsplanung), der Gewährleistung der Förderung des öffentlichen und nachhaltigen Verkehrs und der Begrenzung der Anzahl, Lage und Art der Fahrzeuge in der Stadt.“
Der Datenaustausch ist von entscheidender Bedeutung für die Implementierung und Einführung von MaaS-Lösungen. Die Verkehrsbetriebe müssen den MaaS-Anbietern den Zugang zu ihren Daten ermöglichen. Durch den Einsatz von APIs (Application Programming Interfaces) erlaubt Data Sharing „MaaS-Anbietern, ihren Kunden eine einzige digitale Schnittstelle für die Planung, Buchung, Bezahlung und Nutzung von Verkehrsmitteln anzubieten.“
Eine zentrale Frage für die politischen Entscheidungsträger ist, wie sichergestellt werden kann, dass MaaS-Optionen überzeugende, nutzbare und erschwingliche Dienste für unterversorgte Zielgruppen, wie beispielsweise Menschen mit körperlichen Einschränkungen und ältere Menschen, bieten. „Es ist wichtig, integrative MaaS-Lösungen zu entwickeln und sicherzustellen, dass die Fahrgäste eine ausreichende Auswahl an wettbewerbsfähigen Angeboten haben“, sagt Jordi Jové Palou, Mobilitätsberater bei Deloitte.
„Auch in den Kinderschuhen hat MaaS schon das Potenzial, eine stärkere Demokratisierung der Mobilitätslösungen für alle zu erreichen. Ich verwende das Wort ‚Potenzial‘, weil es – wenn nicht reguliert, um den Zugang für alle Bürger zu gewährleisten – ein Risiko darstellt, dass es dies nicht tun wird“, sagt Catherine Kargas, Vizepräsidentin bei MARCON und Strategieberaterin für nachhaltige Mobilitätslösungen.
Für Smart-City-Planer bietet MaaS einen Paradigmenwechsel von Verkehrsdienstleistungen, die meist anbieterorientiert sind, zu einem kundenzentrierten Modell, bei dem sich das Leistungsangebot an die schwankenden Nachfrage- und Nutzungsverhältnisse anpasst.
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