Die aktuelle Klimakrise hat drastische Auswirkungen auf unseren Planeten. Es ist zwar leicht, die Schuld auf die rasante Abholzung der Wälder und die nicht nachhaltige Industrie zu schieben, aber einer der größten Verursacher des Klimawandels sind unsere Städte. Dieser Artikel gibt Antworten auf die Fragen: Was sind städtische Wärmeinseln und welche Folgen haben sie für die Entwicklung unserer Städte?
Schätzungen zufolge sind unsere Städte für rund 70 % der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich, so UN-Habitat Executive Director Maimunah Mohd Sharif. Dies ist größtenteils auf die Treibhausgasemissionen des städtischen Verkehrs und der Industrie sowie auf eine unzweckmäßige Abfallwirtschaft und umweltschädliche Baupraktiken zurückzuführen. Da die Städte zu den größten Verursachern der globalen Klimakrise gehören, werden sie auch zu den größten Opfer der Krise zählen.
Es ist davon auszugehen, dass der Klimawandel das städtische Leben stark beeinträchtigen wird.
Extreme Wetterereignisse, Hitze, Schneestürme, katastrophale Überschwemmungen durch den stark steigenden Meeresspiegel, vermehrte Starkregenereignisse, Dürren sowie die schnelle Übertragung von Krankheiten aufgrund der großen Bevölkerungsdichte sind real existierende Bedrohungen für die Ballungsräume. Tatsächlich handelt es sich bei diesen Vorhersagen nicht mehr nur um fundierte Schätzungen. Für viele Städte sind sie bereits bittere Realität.
Heute kämpfen die Städte mit einer Vielzahl von klimabedingten Problemen, welche verheerende Auswirkungen auf die städtischen Dienstleistungen, die städtische Infrastruktur, die Beschäftigung, den Wohnungsbau und die öffentliche Gesundheit innerhalb der Städten haben. Eines der dringlichsten Probleme, mit denen die Ballungsräume konfrontiert sind, ist der städtische Wärmeinseleffekt: ein sich selbst skalierendes Problem mit gefährlichen Folgen.Der urbane Wärmeinseleffekt ist ein typisches Phänomen des Stadtklimas. Der Begriff "urbane oder städtische Wärmeinsel" beschreibt die bodennahe Lufttemperatur in urbanen Ballungsräumen, die im Vergleich zur ländlichen Umgebung jedoch signifikant höher liegt. Diese auch sogenannte Überwärmung wird oft auch als UHI= urban heating island bezeichnet. (Wir werden den Begriff UHI im folgenden Text öfter einsetzen). Er beschreibt Temperaturunterschiede auf lokaler Ebene. Um als städtische Wärmeinsel zu gelten, muss der Temperaturunterschied signifikant sein. In den Vereinigten Staaten hat die Umweltschutzbehörde herausgefunden, dass die Temperaturen in vielen Städten um bis zu 5,6 °C höher sind als im Umland. Ein Temperaturanstieg von nur einem oder zwei Grad reicht jedoch bereits aus, um spürbare Folgen zu haben.
Die Hauptursache für den städtischen Wärmeinseleffekt ist die Stadtentwicklung. Natürliche Landschaften bestehen aus einer Vielzahl von durchlässigen Oberflächen, wie zum Beispiel Flora und verschiedenen Bodenbeschaffenheiten. In Städten werden diese Oberflächen jedoch von undurchlässigen Materialien wie Asphalt und Beton überdeckt und versiegelt. Im Gegensatz zur Vegetation und anderen natürlichen Oberflächen absorbieren moderne Baumaterialien die Wärme, anstatt sie zu reflektieren. Dies führt zu einem Anstieg der Umgebungstemperaturen.
Weitere Faktoren sind sogenannte Wärmenester, die sich zwischen hohen Gebäuden oder durch Industrie und Verkehr verursachte Abwärme bilden. Dazu kommt das sich selbst verstärkende Problem der Klimaanlagen. Je heißer es in den Städten wird, desto mehr Klimaanlagen müssen betrieben werden, was wiederum Abwärme erzeugt, die das Problem noch weiter verschärfen. Es ist ein immer wiederkehrendes Muster.
Aus diesem Grund können städtische Wärmeinseln auch den Energieverbrauch in die Höhe treiben, was wiederum Kraftwerke dazu zwingt, mehr Treibhausgase zu produzieren, um den erhöhten Energiebedarf zu decken. Dies führt zu erhöhten Emissionen, die unter anderem die Luftqualität negativ beeinflussen, was zu einer Verschlechterung der öffentlichen Gesundheit führen könnte. Ein Teufelskreis, der leider bereits Realität geworden ist. Eine Realität, die sich mit dem weiteren Anwachsen der Stadtbevölkerung noch verschlimmern wird.
Gegenwärtig leben 50 % der Weltbevölkerung in städtischen Gebieten. Laut Prognose der UN wird dieser Anteil bis 2050 voraussichtlich auf 68 % ansteigen. Es wird erwartet, dass der Temperaturanstieg in den Städten mit dem Bevölkerungswachstum korreliert, so dass immer mehr BürgerInnen durch die negativen gesundheitlichen Auswirkungen extremer Hitze gefährdet sind. Zu diesen gesundheitlichen Problemen können Erschöpfung, Hitzschlag und Schlimmeres gehören.
Besonders anfällig für hitzebedingte Probleme sind kleine Kinder, ältere Erwachsene, im Freien arbeitende Menschen, und Arbeitnehmende mit geringem Einkommen. Tatsächlich wurden zwischen 1979 und 2010 allein in den USA fast 8.000 hitzebedingte Todesfälle verzeichnet. Diese Todesfälle erreichten ihren Höhepunkt im Jahr 2006, dem zweitheißesten Jahr, das in den USA jemals verzeichnet wurde. Da die Stadtbevölkerung weiter wächst und die Temperaturen weiter steigen, werden diese Zahlen bedauerlicherweise mit ihnen wachsen.
Steigende Temperaturen machen das Leben für BürgerInnen sicherlich unkomfortabler, aber die zusätzliche Hitze hat auch eine Vielzahl weiterer schädlicher Folgen:
Klimaanlagen werden häufig eingesetzt, um Gebäude kühl zu halten. Leider verbrauchen Klimaanlagen sehr viel Strom und erzeugen daher bei der Abkühlung eines Raumes mehr Wärme. Wenn die Temperaturen steigen, nimmt auch die Nachfrage nach Klimaanlagen zu. In Ländern, in denen die meisten Gebäude mit Klimaanlagen ausgestattet sind, ist auch der Strombedarf exorbitant gestiegen.
Wenn die Temperaturen in den Sommermonaten steigen, erhöht sich auch die Stromnachfrage: Bei extremer Hitze sind die Stromnetze mancher Städte so überlastet, dass kontrollierte Stromausfälle erforderlich sind, um die Versorgung am Laufen zu halten. Stromunterbrechungen können zu Störungen der Infrastruktur führen und die öffentliche Gesundheit und Sicherheit gefährden.
Die zunehmende Luftverschmutzung ist eine weitere Folge des städtischen Wärmeinseleffekts. Wie bereits erwähnt, erhöht die zyklische Nutzung von Strom zur Wärmereduzierung die Nachfrage und verursacht langfristig mehr Umweltschäden. Kraftwerke müssen mehr Energie erzeugen, um die Stromnachfrage zu decken, was zu ansteigenden Treibhausgasemissionen führt. Diese verschlechtern die Luftqualität in den Städten und tragen zum Smog bei. Der Smog, - Sie ahnen es schon - erhöht die Temperaturen in den Städten, indem er als weitere Wärmeschicht wirkt.
Schlechte Luftqualität kann auch Atemprobleme durch Feinstaub verursachen, schädlichen sauren Regen hervorrufen und die Bildung von bodennahem Ozon beschleunigen. Demnach kann auch die Luftverschmutzung eine Vielzahl von Problemen für Städte mit sich bringen.
Die Luft ist nicht das einzige Element, das durch städtische Hitzeinseln bedroht ist. Steigende Temperaturen in Städten können auch die Wasserqualität beeinträchtigen. Undurchlässige, versiegelte Oberflächen, die sich über Städte erstrecken, ebenso wie Straßen und Dächer, absorbieren Wärme. Wenn es regnet, erwärmt sich das Wasser, welches sich auf diesen Oberflächen sammelt, während es in die Kanalisation abfließt. Dieses wärmere Wasser fließt dann in umliegende Gewässer und beinträchtigt die dortigen natürlichen Ökosysteme.
Geringfügige Temperaturveränderungen, die durch städtische Wärmeinseln verursacht werden, können verheerende Auswirkungen auf das Leben im Wasser haben. Sie können das Wachstum und die Vermehrung von Bakterien, Algen und anderen Mikroorganismen beschleunigen, was sich wiederum als belastend oder sogar tödlich für Fische und andere Wasserlebewesen erweisen kann. Ein unausgewogenes Ökosystem kann sich also auch schädlich auf die Wasserqualität auswirken.
Natürlich werden die steigenden Temperaturen in den Städten zu mehr gesundheitlichen Problemen und vorzeitigen Todesfällen bei den BürgerInnen führen. Der städtische Wärmeinseleffekt betrifft das gesamte Ökosystem. Nicht nur der Mensch ist betroffen, sondern auch die Tierwelt fordert ihren Tribut. Einige Tierpopulationen werden in heißeren Städten eher Probleme haben, Nahrung, Wasser und Unterschlupf zu finden. Es gibt aber auch eine andere Seite der Medaille: Einige Tierarten finden Städte attraktiver als die Wildnis, in die sie gehören, und werden zu Stadtschädlingen, die Krankheiten übertragen und zu einer Plage werden können.
Barcelona ist ein Paradebeispiel für eine Stadt, die unter dem städtischen Wärmeinseleffekt leidet. Wie in vielen südeuropäischen Städten wird auch in Barcelona in den nächsten 30 Jahren mit einem Temperaturanstieg von bis zu 3,2 Grad Celsius gerechnet. Neben dem städtischen Temperaturanstieg wird die Stadt ab 2050 voraussichtlich bis zu 20 zusätzliche "heiße" Tage pro Jahr erleben. Als heißen Tag definiert man einen Tag mit Temperaturen über 30 Grad Celsius. Dies wird schwerwiegende Auswirkungen auf die Stadt haben.
Während viele Küstenbezirke der Stadt tagsüber durch das Meer abgekühlt werden, kehrt sich die regulierende Wirkung des Meeres in der Nacht um und die Küstengebiete verzeichnen höhere Temperaturen. Selbst mit dem Vorteil einer Meeresbrise sieht die Zukunft Barcelonas kritisch aus.
Um die Stadt kühl zu halten, werden jedoch stadtweite Klimastrategien entwickelt und umgesetzt. Eine dieser Strategien ist zum Beispiel das nennenswerte Projekt der Entwicklung von Klimahäusern - , hierbei werden strategisch Baumaterialien verwendet, um eine kühlere Umgebung an Orten zu schaffen, wo Grünflächen zur Abkühlung nicht möglich sind.
Ein weiteres Projekt ist die Formulierung eines zukunftsorientieren Klimaaktionsplans, der sich auf die Reduzierung der Kohlenstoffemissionen, auf intelligente Entwicklung und den Aufbau einer Klimawirtschaft konzentriert.
Wie Barcelona müssen auch andere Städte, die unter den Auswirkungen des Klimawandels leiden, heute Strategien zur Klimaresistenz aufbauen, um eine bessere Zukunft zu haben.
Die Städte tragen zwar in hohem Maße zur Klimakrise bei, sind aber jedoch ein wesentlicher Bestandteil der Lösung. Indem sie die Auswirkungen der städtischen Wärmeinseln auf die Umwelt verringern, können Städte dazu beitragen, die Folgen des Klimawandels zu bekämpfen. Glücklicherweise sind die Methoden, die zur Bekämpfung des städtischen Wärmeinseleffekts erforderlich sind, unkompliziert. Hier sind einige der best practices:
Der beste Weg, eine Strategie zur Minderung der Folgen von städtischen Wärmeinseln aufzubauen, ist die Messung der Wärmeentwicklung in einer Stadt. Städte, die unter urbanen Wärmeinseln leiden, wie z.B. Zürich, nutzen hochpräzise Datenerfassungsinstrumente, um zu verstehen, wie sich Temperatur- und Wetterveränderungen auf städtische Gebiete auswirken.
Zürich nutzt zum Beispiel das Meteoblue-Stadtklimaüberwachungssystem der Meteoblue AG
Dieses System nutzt ein umfangreiches Netzwerk erschwinglicher Datenerfassungsinfrastrukturen zur Evaluierung und Vorhersage des Stadtklimas. Es kann auch detaillierte Karten und Modelle erstellen und nutzt KI-Technologie, um Daten mit historischen Wettermustern abzugleichen und damit dramatische und besorgniserregende Veränderungen aufzuzeigen.
In Zürich hat das System aufgedeckt, dass Hitzetage und Hitzewellen in der Stadt immer häufiger auftreten . Infolgedessen berücksichtigen die StadtplanerInnen nun Mittel der Klimaanpassung stärker bei der Entwicklung neuer Stadtgebiete.
Mit grüner Infrastruktur lassen sich die Auswirkungen der städtischen Wärmeinseln verringern. Bäume und Pflanzen können Schatten spenden, die Lufttemperaturen senken und die Fläche einer Stadt, die Wärme absorbiert, verringern. Die Vegetation kann auch das Regenwasser abkühlen und so die Wasserwege sowie die Tierwelt schützen.
Das Anlegen von Parks ist die naheliegendste Möglichkeit, dies zu erreichen, aber auch das Pflanzen von Bäumen und das Anbringen von Pflanzkästen und Feuchtgebieten können im Kampf gegen die Hitze helfen.
Parks und Grünflächen sind einfache Beispiele für intelligente Stadtplanung. Leider ist der Platz in vielen Städten jedoch knapp, und es ist nicht einfach, Orte für Bäume und Pflanzen zu schaffen. Stattdessen müssen StadtentwicklerInnen kreativ werden. Begrünte oder kühlende Dächer sind ein Instrument, wie intelligente Baupraktiken gegen die Hitze aussehen können. Begrünte Dächer leiten die Wärme auf natürliche Weise ab und verringern die Energiemenge, die zur Kühlung von Gebäuden mit Klimaanlagen benötigt wird. Ein kühles Dach ist eine weitere gute Option. Dies besteht aus bestimmten Materialien oder Beschichtungen, die den Einfluss der Wärme eindämmt, anstatt sie zu absorbieren. Diese Dächer halten die Gebäude kühl und senken den Energiebedarf.
Grüne Straßen, Regengärten und begrünte Dächer sollten in modernen Städten, die unter UHI-Problemen leiden, zum Standard gehören.
Zu weiteren smarten Ideen gehört die Verwendung alternativer Baumaterialien, die die Wärme reflektieren, anstatt sie zu absorbieren. Helle und durchlässige Materialien können Wärme erfolgreich reflektieren und vor der Hitze isolieren. Dies kann dazu beitragen, die Umgebungsluft zu kühlen, die Wasserverdunstung zu verringern und vieles mehr. Alternativen aus Beton und Asphalt können sogar noch weitere positive Auswirkungen haben, wie z. B. die Reduzierung des Verkehrslärms und die Verbesserung der Sichtbarkeit bei Nacht.
Es ist einfach zu sagen: "Vermeiden Sie Klimaanlagen". Die Realität sieht jedoch anders aus, dass die Städte den Bedarf an Klimaanlagen verringern müssen. Sie ganz abzuschaffen ist illusorisch. Heutzutage fordern Hitzewellen mehr Todesopfer als jede andere Art von Extremwetter. Viele öffentliche Einrichtungen müssen dennoch klimatisiert werden., um sicher und effizient arbeiten zu können. Durch die Anlage von mehr Grünflächen und den Einsatz intelligenter Stadtplanungstechniken können wir nicht nur den Bedarf an Klimaanlagen verringern.
Schauen Sie sich dazu dieses kurze Youtube Video an, welches den städtischen Wärmeinseleffekt kurz und anschaulich erklärt:
In einigen Fällen könnte es sein, KI-gesteuerte intelligente Thermometertechnologie in Regierungsgebäuden zu installieren, um die Effizienz von Klimaanlagen zu maximieren und gleichzeitig ihren Verbrauch zu senken. Intelligente Thermostate sind nur eine von vielen Lösungsansätzen für die Schäden, die durch Klimaanlagen und den städtischen Wärmeinseleffekt verursacht werden.
Laut den Vereinten Nationen ist der Klimawandel "die entscheidende Krise unserer Zeit". Der Anstieg des Meeresspiegels, extreme Wetterbedingungen und steigende Temperaturen machen unsere Städte zu unberechenbaren Orten zum Leben. Der sprunghafte Anstieg der Bevölkerungszahlen verschärft die ohnehin schon besorgniserregende Situation. Dies klingt alles unabdingbar, aber mit sorgfältiger Planung und mutiger Führung ist es für die Menschheit möglich, das Ruder herumzureißen. Einfache Praktiken, in großem Maßstab angewendet, können dazu beitragen, die Hitze in unseren Städten zu reduzieren: Das führt zu einem Dominoeffekt, der auch die Umwelt in unserer Umgebung verbessert.
Abschließend noch ein Zitat von UN-Generalsekretär António Guterres: "Der Klimanotstand ist ein Rennen, das wir verlieren, aber wir können es gewinnen.
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