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Wie sieht die Zukunft der Bildung in smarten Städten und Regionen aus?
Drew Philp22. Dezember 202210 min read

Wie sieht die Zukunft der Bildung in smarten Städten und Regionen aus?

In vielerlei Hinsicht sind Schulen Mikrokosmen unserer Städte. Obwohl sie oft nach Unterrichtsklassen getrennt sind, besuchen Schülerinnen und Schüler aus allen Schichten der Bevölkerung öffentliche Schulen. Während die Möglichkeiten für Ed-Tech - oder Bildungstechnologien - in der Hochschulbildung weitreichend und vielfältig sind, sollte sich dieser Ansatz in erster Linie stärker auf die Schulbildung konzentrieren, denn diese gilt als Wegbereiter für massive staatliche und gesellschaftliche Veränderungen. Lesen Sie in diesem Artikel, welche Technologien hier zum Einsatz kommen können und wie in Zukunft die Bildungstechnologie die Gesellschaft in smarten Städten und Regionen verändern kann.

The future of Smart Education

iiStock: lisegagne, ID: 587201104

WO LIEGEN DIE SCHNITTPUNKTE ZWISCHEN BILDUNGstechnologie UND Smart cities?

Viele neue Technologien, Strategien und zeitgemäße Denkweisen werden zuerst oder gleichzeitig in unseren Schulen und in der Gemeinschaft erprobt. Denken Sie nur an die Anfänge des Internet. Vor allem für Schülerinnen und Schüler aus sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen - etwa der unteren Einkommensschichten oder bildungsferneren Schichten - sind Schulen oft die ersten Orte, an denen sie beginnen, im Internet zu surfen, E-Mails zu nutzen, Sofortnachrichten zu verschicken und Online-Recherchen durchzuführen - natürlich mit Hilfe des Internet. 

Wie bei vielen der im Folgenden erörterten Bildungstechnologien waren die Schulen nicht unbedingt der Ort, an dem diese Technologien und Ideen zum ersten Mal umgesetzt wurden, aber hier kamen viele Menschen zum ersten Mal mit ihnen in Berührung. Auf dieselbe Weise können wir anhand dieser neuen Bildungsinnovationen ihre Auswirkungen auf Smart Cities selbst und die Art und Weise, wie wir in Zukunft arbeiten, leben und regiert werden, extrapolieren.  

Was Genau ist Ed-Tech (Educational TechnologY) oder Bildungstechnologie?

Ed-Tech oder auch Educational Technologie (im deutschen Bildungstechnologie, auch smarte Bildung genannt) bezeichnet die Verbesserung und Unterstützung von Bildungsprozessen unter Anwendung oder Herstellung neuer Technologien und Medien. Diese kommen in Form von Lernprogrammen und Software in Bildungsstätten für Kinder und Jugendliche und der Erwachsenenbildung zum Einsatz.

Natürlich hat die Pandemie Bildung und Arbeit für immer verändert: Am Beispiel Arbeit: fast die Hälfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im globalen Norden (den entwickelten Industrieländern) arbeitete auf dem Höhepunkt der Pandemie von zu Hause aus. Etwa die gleiche Anzahl wird auch in Zukunft weiterhin von zu Hause aus arbeiten. 80 Prozent der Arbeitnehmer geben an, dass sie von zu Hause aus produktiver sind. 

Die gleichen Veränderungen betrafen auch Studierende sowie Schülerinnen und Schüler, von denen fast alle in der westlichen Welt Erfahrungen mit Online-Bildung bzw. digitaler Bildung gemacht haben - wenn auch nur in begrenztem Umfang und mit gemischten Ergebnissen. 

Zwar ist noch nicht klar, wie es um das gesamte E-Learning während der Pandemie bestellt ist, doch sind schon einige ernüchternde Statistiken aufgetaucht. Eine Studie mit Erkenntnissen von Population Europe, die zwar noch nicht von Experten geprüft wurde, ist es dennoch wert, ausführlich zitiert zu werden: 

[U]nsere Studie ergab eindeutige Beweise dafür, dass die Schüler während der Schließung durch die Pandemie weniger lernten als in einem normalen Schuljahr. Die verlorenen Fortschritte belaufen sich auf etwa ein Fünftel eines Schuljahres, also fast genau auf den Zeitraum, in dem die Schulen geschlossen blieben (unter der Annahme, dass ein normales Schuljahr zehn Monate dauert). Mit anderen Worten: Die Daten deuten darauf hin, dass fast jede Stunde, in der die Schule geschlossen war, eine Stunde Lernausfall bedeutete. Diese Verluste sind jedoch nicht gleichmäßig verteilt. SchülerInnen aus bildungsfernen Elternhäusern waren unverhältnismäßig stark betroffen, ihr Leistungsrückgang war um 50 Prozent höher als der ihrer besser gestellten MitschülerInnen. Wir konnten auch bestätigen, dass der größte Teil des Leistungsrückgangs auf das tatsächlich erlernte Wissen zurückzuführen ist und nicht auf die Testleistung als solche. Die Leistungen in Tests, die nicht mit dem Lehrplan in Verbindung stehen, gingen ebenfalls zurück, allerdings in weitaus geringerem Maße als in den Kernfächern wie Mathematik, Lesen und Rechtschreibung. 

“Online-Bildung" und "Fernunterricht" sind die bekanntesten Beispiele für Ed-Tech aus jüngster Zeit. Laut Wikipedia, einem guten Beispiel für Ed-Tech selbst, "ist Bildungstechnologie die kombinierte Nutzung von Computerhardware, Software und pädagogischer Theorie und Praxis, um das Lernen zu erleichtern. Die Abkürzung Ed-Tech bezieht sich häufig auf Unternehmen, die Bildungstechnologie entwickeln."

Die treibenden Kräfte des Ed-Tech-Sektors sind in der Regel private Unternehmen, die im öffentlichen Sektor tätig sind. Dieser Wirtschaftszweig kann ein Segen für Kommunen sein, da er Arbeitsplätze schafft und die Wirtschaft ankurbelt (der weltweite E-Learning-Markt soll 2025 ein Volumen von 325 Milliarden Dollar haben), aber seine Ziele stehen möglicherweise im Widerspruch zum Bildungsverständnis der Schulen sowie der Kommunen als Schulträger.  

Wohin entwickelt sich die Bildungstechnologie?

Es müssen noch viele Studien durchgeführt werden, um herauszufinden, welche Facetten der Bildungstechnologie in Zukunft realisierbar sind, aber lassen Sie uns einen Blick auf einige Beispiele werfen, die zeigen, wohin sich die Bildungstechnologie in den Schulen entwickelt, wie sie aussehen könnte und wie sie in der breiteren Gemeinschaft selbst genutzt werden könnte:

  • Online und Remote Learning wächst weiter

Wie bereits erwähnt, hat das Online-Lernen, Fernstudium oder auch "Remote Learning" genannt aufgrund der Pandemie fast alle Schülerinnen und Schüler in der westlichen Welt erreicht, mit gemischten Ergebnissen. Einige dieser tiefer gehenden Ergebnisse, wie z. B. die Besorgnis über die soziale Isolation, werden uns erst in einigen Jahren bekannt sein.

Was wir jedoch schon wissen, ist, dass das Online-Lernen inzwischen fest in unserer Kultur verankert ist. Laut aktuellen Forschungen zur Bildungspolitik während der COVID-19 Pandemie "waren in der ersten Hälfte des Jahres 2020 über 90 Prozent der Schulkinder weltweit (1,5 Milliarden) von der vollständigen oder teilweisen Schließung der Schulen betroffen. Ein Jahr nach Beginn der Pandemie sind nach Monitoring-Daten der UNESCO immer noch fast 50 Prozent der Schüler weltweit von Schulschließungen betroffen.

Es ist noch zu früh, zu sagen, wie die Zahlen für das Schuljahr 2022/23 aussehen werden, aber Statista stellt fest, dass Online-Bildung aller Art sich immer weiter durchsetzt. "Ungefähr 18 Prozent der Menschen in der Europäischen Union haben 2021 einen Online-Kurs in einem beliebigen Fach belegt. In diesem Jahr hatten die Niederlande mit 41 Prozent den höchsten Anteil an Personen, die einen Online-Kurs absolvierten."

Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich dieser Aufwärtstrend fortsetzt und immer mehr kommunale Bildungsmaßnahmen online durchgeführt werden, von Nachhilfekursen für den Straßenverkehr und Erste-Hilfe-Kursen bis hin zu Weiterbildungsmaßnahmen und beruflichen Zertifizierungen. 

  • Beispielloser Zugang zu mehr Wissen

Aufgrund der weiten Verbreitung des Online-Lernens wird jedem ein noch nie dagewesener Zugang zu einigen der besten und bekanntesten Lehrenden, Prominenten und Bildungseinrichtungen der Welt ermöglicht. Schon jetzt kann jeder Mensch kostenlos an einigen der beliebtesten Kurse der Harvard University teilnehmen, und mit Diensten wie Masterclass können angehende Studierende zum Beispiel von Samuel L. Jackson Schauspielerei oder von Richard Branson Wirtschaft lernen. 

Dies ist einer der Bereiche, in denen die Wirtschaft die Führung übernimmt, was sich auch auf die Schulen und Kommunen auswirken wird. Es ist nur ein kleiner Schritt vom Lernen über Literatur durch die Lektüre von Bestsellerautoren bis zur Einführung von Kursen dieser Bestsellerautoren in Grundschulen. So wie die Hochschulbildung die Lehrtätigkeit zu einer Prestigeposition für Spitzenkräfte gemacht hat, wird die Bildungstechnologie dies in kleinerem Maßstab in Grundschulen wirtschaftlich machbar machen, wodurch man mit bekannten Gesichtern um die Aufmerksamkeit von schwer motivierbaren Schülern werben kann. 

  • Augmented Reality auf dem Vormarsch

Augmented Reality ähnelt der virtuellen Realität insofern, weil sie die Technologie nutzt, um immersive Erfahrungen zu schaffen. Die digitale Welt nutzt Technologien, um die Wahrnehmung dessen, was real und möglich ist, zu verändern. Im Gegensatz zu Virtual Reality (VR) fügt Augmented Reality (AR) der realen Welt digitale Elemente hinzu und ist von vornherein nicht vollständig immersiv. Ein hervorragendes Beispiel für AR ist die Kunstausstellung Tresor 31 im ehemaligen Kraftwerk in Berlin, bei der die Besucher ein Audio-Headset erhalten, das die Eingaben auf der Grundlage von Signalen ändert, die die Teilnehmer beim Gang durch die Ausstellung empfangen.

Eine Reihe von Augmented-Reality-Programmen wurde bereits in Schulen eingeführt, darunter Tools zur Erkundung von Museen und zum Üben von Handschrift. Mit sinkenden Preisen wird sich diese Technologie wahrscheinlich noch weiter verbreiten.

AR hat auch einen großen Nutzen für die intuitivere Informationsvermittlung an und Aufklärung von Bürgerinnen und Bürger in Kommunen. AR hat das Potenzial, den Menschen ein Gefühl dafür zu vermitteln, wie ein neues Bauvorhaben in ihrer Nachbarschaft aussehen könnte oder wie öffentliche Versorgungseinrichtungen funktionieren. Auch kann AR als Hilfsmittel zur Orientierung in Städten und im Verkehr dienen, um nur einige Beispiele zu nennen.   

  • Künstliche Intelligenz im Bildungswesen

In einem faszinierenden Artikel des Futuristen Bernard Marr über den Einsatz von künstlicher Intelligenz in Schulen heißt es: "Es wird erwartet, dass künstliche Intelligenz im US-Bildungswesen von 2017 bis 2021 um 47,5 Prozent wachsen wird, wie der Bericht Artificial Intelligence Market in the US Education Sector bestätigt."

Laut Marr wird KI auch für die Entwicklung von Testsystemen und pädagogischen Bewertungsinstrumenten eingesetzt, aber die vielleicht größte Möglichkeit besteht darin, sie für die Individualisierung von Lernprogrammen für Schülerinnen und Schüler zu nutzen. Dies kann ein großer Segen für Lehrpersonal und Lernende sein, die sich schwer tun.

Der Einsatz von KI in Smart Cities allgemein ist nahezu unbegrenzt. Die ersten Schwerpunkte werden wahrscheinlich in den Bereichen Verkehr, Sicherheit und Energienetzen liegen.   

  • Lernmanagementsysteme für Kommunen nutzen

Lernmanagementsysteme sind im Grunde genommen große Planungstools für die gesamte Ausbildung und können Dateien, Videos, Hausaufgaben und fast alle digitalen Ressourcen enthalten, die Schülerinnen und Schüler im Unterricht benötigt. Die Lernenden nutzen Programme wie Course, Moodle und Blackboard, um ihre Noten zu verfolgen, Aufgaben einzureichen, auf digitale Materialien wie PDFs und Videos zuzugreifen und vieles mehr. 

Lernmanagementsysteme sind ein gutes Beispiel dafür, dass vor allem die Regierung von den Schulen lernen kann. Stellen Sie sich vor, Sie könnten alle Ihre Anträge und Anmeldungen, Bescheide und Urkunden online an einem Ort einreichen, Daten einsehen und abrufen. Dies könnte die Effizienz und Einfachheit von Behördengängen drastisch erhöhen und gleichzeitig als digitaler Ausweis dienen. Solche Systeme werden international bereits genutzt, in Deutschland wird derzeit noch an der Einführung solcher Systemen gearbeitet (Digitale Authentifizierung als Zugang zu Bürger- bzw. Servicekonten, um verschiedenste E-Government Dienste zu nutzen - ein Beispiel ist das Servicekonto.NRW). 

HERAUSFORDERUNGEN UND PROBLEME DES EINSATZES VON BILDUNGSTECHNOLOGIEN

Der kontinuierliche Einsatz digitaler Bildungstechnologien in Schulen und Smart Cities hat jedoch nicht nur positive Seiten, sondern er bringt auch eine Reihe von Herausforderungen und Problemen mit sich, die gelöst bzw. abgewogen werden müssen. Nachfolgend werden wir nur einige wenige Punkte kurz skizzieren.

  • Persönlicher Unterricht bleibt wichtig

Wie uns die Pandemie gezeigt hat, gibt es manchmal keinen wirklichen Ersatz für persönliches Lernen und persönliche Treffen. Zwar können Plattformen wie Zoom Menschen aus der ganzen Welt helfen, an Treffen teilzunehmen, die sie normalerweise aus Zeitgründen sonst nicht wahrnehmen würden, aber es bleiben Fragen zu ihrer allgemeinen Wirksamkeit. Einer der wichtigsten Bestandteile von Smart Cities bzw. jeder Kommune ist und bleibt die Nachbarschaft, und es gibt kaum einen Ersatz für persönliche Gespräche.

  • Auswirkungen digitaler Spaltung

Die digitale Spaltung bezieht sich darauf, wer Zugang zur Technologie hat, wer die Mittel hat, sie zu kaufen, und wer die Ausbildung hat, sie zu nutzen. Insbesondere für Menschen am unteren Ende der wirtschaftlichen Skala, ältere Menschen und andere, die nicht mit dem Zugang zu digitaler Technologie aufgewachsen sind, kann die Technologie eher ein Hindernis für die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben sein als ein Segen. Wenn immer mehr Verwaltungsservices und Angebote der Daseinsvorsorge in allen Lebensbereichen des Alltags in die Online-Welt verlagert werden, ist große Vorsicht geboten, damit wir nicht Teile der Bevölkerung zurücklassen und von der gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Teilhabe ausschließen. 

  • Bedenken hinsichtlich der Privatsphäre

Mit digitaler Bildungstechnologie kommen auch Daten, riesige Mengen von Daten. Diese Daten sind für Unternehmen äußerst wertvoll, aber für viele Bürgerinnen und Bürger ist es von größter Bedeutung, ihre "Online-Fußspuren" für sich zu behalten. Außerdem besteht die Möglichkeit des Missbrauchs dieser Daten durch Dritte, böswillige Akteure und die Regierung oder Verwaltung selbst. Ein solider Datenschutz und klare Regelungen zur Datenhoheit sind wesentliche Voraussetzungen für die Akzeptanz bei den künftigen Nutzern. 

Fazit

Digitale Bildungstechnologie wird in der Zukunft der Kommunen zweifellos eine große Rolle spielen, und es ist eher eine Frage des Zeitpunkts und nicht, ob diese Ideen überhaupt umgesetzt werden. Die Leichtigkeit des Übergangs und die Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern wird jedoch ganz von der Umsetzung, der Benutzerfreundlichkeit und der Abfederung einiger Nachteile  abhängen.

 

Bildnachweis: iStock: DaniloAndjus, ID:1068777864

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Drew Philp

Drew Philp ist der Autor von "A $500 House in Detroit: Rebuilding an Abandoned Home and American City" (Scribner, 2017). Er hat für den Guardian, Buzzfeed, De Correspondent und viele andere internationale Publikationen geschrieben. Drew lebt in Berlin.

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